Treffen sich das Private, das Öffentliche, das Politische und die Kunst. Kommt ein Flamingo dazu…

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Treffen sich Tanz, Musik, Performance, Film, Literatur und Konzeptkunst. Kommen rauchende, kranke, geflüchtete, Sport treibende, alte, pflegende, kriechende, postende, wohnende Menschen dazu…

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Neue Verordnungen weisen den Schnecken den Weg in einen neuen Freiraum.

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Freiheit liegt jenseits eines geordneten Festivalprogramms. Ein Festival riskiert sich.

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Die Lage bleibt vorhersehbar unklar. Um die Ungewissheit ordnet sich eine neue Realität.

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Ungewiss sind die Orte und Zeiten eines neuen Ausbruchs: erlaubte Ansammlungen von rauchenden, kriechenden oder tanzenden Menschen.

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Ungewiss ist, wann und wo Sie zum Publikum werden. Oder zu Mitwirkenden. Unvermutet.

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Die Wirtschaft wächst nicht mehr. Die Kunst irritiert nicht mehr. Stuttgart ist (sich) nicht mehr sicher. Zeit für neue Verbindungen, neue Verwandtschaften, neue Wege. Zeit für eine pandemische Utopie!

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Die irritierte schneckende Stadt

Im Tierreich wie bei den Menschen gibt es unterschiedliche Geschlechter und Lebensweisen. Doch wer in den westlichen Gesellschaften nicht in die Kategorie »Mann« oder »Frau« passt, fällt auf, wenn nicht sogar raus. Schnecken sind Simultanhermaphroditen. Sie haben »weibliche« und »männliche« Geschlechtsorgane. In selbst genähten Nacktschnecken-Kostümen bekriechen Nora Jacobs und zahlreiche abenteuerlustige Menschen-Schnecken den öffentlichen Raum und lassen das Publikum förmlich über vermeintliche Normvorstellungen stolpern.

Idee & Konzept: Nora Jacobs

Choreographie: Martina Rösler

Mitwirkende: Menschen aus Stuttgart und Umgebung

 

Wer Lust hat mitzukriechen, melde sich bei:

norajacobs@gmx.com

© Nora Jacobs

Mehr Informationen

Für DIE IRRITIERTE STADT möchte ich Menschen dazu einladen, sich als Nacktschnecken zu verkleiden und den öffentlichen Raum zu bekriechen. Die Nacktschneckenkostüme sollen aus alter Strickkleidung selbst genäht werden. Passant*innen werden die irritierende Beobachtung machen, dass Menschen in Strickkostümen durch die Stadt kriechen und mit ihrer angefeuchteten Unterseite nasse Spuren auf dem Boden hinterlassen.

 

Exkurs 1

Dass es nicht nur zwei Geschlechter gibt, sondern viele, ist eine These, die ich in meiner Arbeit auf vielfältige Weise untersuche. Im Tierreich wie bei den Menschen gibt es die unterschiedlichsten Geschlechter und Lebensweisen. Mit dem Unterschied, dass der Mensch den Tieren gegenüber toleranter erscheint als seinen Mitmenschen.

Schnecken sind Simultanhermaphroditen. Sie haben weibliche und männliche Geschlechtsorgane. Beim Geschlechtsakt können beide Geschlechtsorgane gleichzeitig benutzt werden. In besonderen Extremsituationen kann die Schnecke sich auch selbst befruchten. Wer in der Gesellschaft nicht in die Kategorien »Mann« oder »Frau« passt, fällt auf, wenn nicht sogar raus.

 

Eine nicht enden wollende Ansammlung an Menschen-Schnecken durchquert den öffentlichen Raum, taucht überraschend immer wieder auf Gehwegen und Straßen auf. Durch ihr langsames Vorwärtskommen nehmen sie Raum und Zeit für sich ein und dehnen auf ihre Weise den urban geprägten Zeitbegriff mit seinem hohen Puls.

 

Exkurs 2

Die Schnecke hat in unterschiedlichen Zeitspannen und unterschiedlichen Kulturen unterschiedlichste Bedeutungen erlangt. Sie steht für die Langsamkeit schlechthin, insbesondere in einer kapitalistischen Gesellschaft, die auch Beschleunigungsgesellschaft genannt wird, wo Zeit Geld ist und jede Minute »besser« genutzt werden muss. Sie wird außerdem als Delikatesse zu sich genommen, ruft aber auch Ekel hervor mit ihrer glitschigen Oberfläche und der Schleimspur, die sie hinterlässt. In der Architektur wurde die Form des Schneckenhauses seit Jahrhunderten immer wieder verwendet. Weiter galt die Schnecke »nicht nur als Symbol so schwer vereinbarer Eigenschaften wie der Trägheit, der Eitelkeit, der Wollust und der unbefleckten Empfängnis, sondern immer wieder auch als Zeichen der Auferstehung«.

 

Zitate Exkurs 1 und 2 aus: Schnecken. Ein Portrait von Florian Werner, Reihe: Naturkunden Bd. 020, Matthes & Seitz, Berlin, 2015.

© Nora Jacobs

Nora Jacobs

Nora Jacobs hält sich in den Bereichen bildende Kunst, Theater und Film auf. 2006 besuchte sie die Academy of Circus Arts – Europe’s only traveling circus school und machte 2009 ihren Bachelor im Studiengang Schauspiel an der Norwegian Theatre Academy. Sie diplomierte 2017 mit Auszeichnung an der Akademie der bildenden Künste Wien im Bereich Performance und Installation bei Heimo Zobernig. Darauf folgte das ArtStart-Stipendium der Akademie der bildenden Künste Wien und 2018 das START-Stipendium für Medienkunst des Bundeskanzleramtes Österreich. In ihren Arbeiten beschäftigt sich Nora Jacobs mit dem Thema der Grenze als dreidimensionaler Raum. Mit den Mitteln von Performance, Video und Installation schafft sie Möglichkeitsräume, die Spuren hinterlassen und das Potenzial haben, zu ermächtigen. Queerness zieht sich wie ein roter Faden durch die Thematiken, wobei Humor und Ironie sich immer wieder dazwischen mischen. Das Scheitern ist immanent. Am Ende bleibt der Horizont.

© Joachim Gern